Cuno Amiet
Solothurn 1868 – 1961 Oschwand
«Winterlandschaft» – 1919
Unten rechts monogrammiert und datiert CA / 19. Verso auf dem Chassis in Bleistift bezeichnet: CA Winterlandschaft II 1919.
Öl a/Lwd., 60 × 55 cm
Kunstauktion 24.09.2016 | Lot-Nr. 137
Provenienz:
Kunstverein Olten, 1964. Privatsammlung Luzern.
Austellungen:
Olten, Kunstverein, Herbstausstellung, 22.8.-13.9.1964, Kat. Nr. 2, Abbildung.
Franz Müller und Viola Radlach, Cuno Amiet, Die Gemälde 1883-1919, Teil 2, Nr. 1919.32, abgebildet.
www.cuno-amiet.ch, sik-isea, Cuno Amiet - Online Werkkatalog, Nr. 1919.32.
Das vorliegende Gemälde ist im Schweizerischen Institut für Kunstwissenschaft, Zürich, unter der Nummer 1111070004 als eigenhändige Arbeit von Cuno Amiet inventarisiert. Es liegt ein Schreiben von Peter Thalmann von 1964 vor, welches die Authentizität des Werkes bestätigt.
Cuno Amiet gilt zusammen mit seinem Freund Giovanni Giacometti als Begründer der Schweizer Moderne um 1900. Unter dem Eindruck der zeitgenössischen französischen Kunst, namentlich Gauguins, van Goghs und des Fauvismus, überwanden sie den damals dominierenden Einfluss von Ferdinand Hodler. Amiets wesentlicher Beitrag liegt dabei in der Einführung einer von der reinen Farbe bestimmten und von allem Anekdotischen befreiten Malerei: „Die bildnerischen Mittel [...] gewinnen zunehmend an Autonomie und stehen mehr im Dienste der Bildwirkung als der Gegenstandsbezeichnung“ (Paul Müller, Amiet, Lexikon zur Kunst in der Schweiz, www.sikart.ch).
Das Thema der Winterlandschaft ist in Amiets Werk zentral. Auch wenn es in seinem mehr als sieben Jahrzehnte währenden Schaffen zahlenmässig nur sporadisch auftritt, war es doch gerade das Schneemotiv, das ihn immer wieder zu gestalterischen Experimenten und spektakulären Bildfindungen inspirierte. Bis ins Jahr 1919, als das vorliegende Gemälde entstand, sind laut Werkverzeichnis rund 50 Winterlandschaften nachweisbar, und viele davon zählen zu den fortschrittlichsten und gelungensten Werken des Künstlers.
Die formale Reduktion dieser stark abstrahierten Landschaft entfaltet eine geradezu lapidare Wirkung: Vor einer verschneiten Hügelkuppe steht, nach links aus der Bildmitte verschoben und in Rotbraun mit lockerem Pinsel hingemalt, ein kleines Bäumchen. Ein angeschnittener, knorriger Baum mit Laubwerk und kahlen Ästchen bildet entlang des linken und oberen Rands ein raumbildendes Repoussoir, das die konzentrisch gekurvten Geländelinien und die durch Zickzackformen angedeuteten Buschreihen im Bildfeld stabilisiert. Das Gemälde verschmilzt auf typische und glückliche Weise Anregungen der verschiedenen avantgardistischen Strömungen, die Amiet in den Jahren zuvor empfangen hatte: in Motiv und Komposition den Japonismus des bretonischen Gauguin-Kreises, im strichförmigen Farbauftrag die Methode des Neo-Impressionismus, im gewagten Gelb-Lila-Kontrast und der „geschriebenen“ Zeichnung Stilmittel des Fauvismus.
Die „Winterlandschaft“ befindet sich in selten perfektem, unberührtem Originalzustand. Mit nicht gefirnisster, daher matter Oberfläche präsentiert sich die Darstellung so frisch wie gestern gemalt – und vermag so in ihrer skizzenhaft-spontanen Pinselfaktur und dem hellfarbigen Kolorit den Eindruck einer lichten Winterstimmung überzeugend zu vermitteln.